Einführung
Gärten und Bibel haben viele Berührungspunkte. In der Bibel steht: Gott, der HERR pflanzte einen Garten in Eden, und dorthin setzte er den Menschen, den er gebildet hatte (1. Mose 2, 8). Der Garten Eden wird als Paradies bezeichnet. Dieser Ausdruck leitet sich von „Paradeisos“ ab, das von den Griechen aus dem arabischen „pairi-daeza” übernommen wurde und wörtlich „umgrenzter Bereich” bedeutet. Das Paradies aus der Schöpfungsgeschichte (1. Mose 1, 29-30) ist das Urbild eines fruchtbaren, den Menschen ernährenden Raumes, in dem er sich geborgen fühlt.
Gärten gibt es auf der Welt, seit Menschen sesshaft wurden. Die Menschen lieben Gärten, denn sie sind Symbol des irdischen und himmlischen Paradieses. Im Bibelgarten wird versucht, die biblische Botschaft den Besuchern aus einer ganz anderen Perspektive nahe zu bringen. Gestaltung und Herangehensweise sind in den zahlreichen Bibelgärten, die es inzwischen gibt, sehr unterschiedlich umgesetzt.
Ausgangslage
Die evangelische Kirchengemeinde Sondheim v.d.Rhön nutzt das ehemalige Schulhaus am Kirchberg seit 1994 als Gemeindehaus. Zur Schule gehört der Schulhof-/garten, der heute durch die Straße (Kirchberg) vom Gebäude getrennt wird.
Dieses Grundstück wurde seit Jahrzehnten nicht mehr bewirtschaftet. Entlang der Mauer war mit den Jahren ein Hügel aus Aushub und teilweise Bauschutt angehäuft worden, so dass der Zugang durch den Torbogen gar nicht mehr möglich war. Die Vegetation bestand aus einigen wenigen großen Bäumen. Das Grundstück hatte trotz seiner zentralen Lage neben Gemeindehaus und Kirche keinerlei Funktion oder Nutzen für die Kirchengemeinde.
Vision
Die Idee, das brachliegende Grundstück in einen Bibelgarten zu verwandeln, wurde geboren, als Pfarrerin Christel Kupfer dem Kirchenvorstand einen Flyer von einem Bibelgarten in Dresden mitbrachte. Karin Kohl vom Kirchenvorstand wurde schnell aktiv und sammelte zunächst Bild- und Informationsmaterial von verschiedenen Bibelgärten. An Hand dieser Unterlagen informierte sie unterschiedlichste Gruppen und Personen in der Gemeinde über das Vorhaben und warb um Unterstützung. Es fanden sich schnell viele Befürworter, obwohl (oder vielleicht weil) überhaupt nicht klar war, welcher Aufwand (an Arbeitsleistung und an Geldmitteln) für die Umsetzung der Projektidee erforderlich werden würde.
Als dann die ersten konkreten Ideen für den „Sondheimer Bibelgarten“ vorlagen, wurde Georg Hansul, der Kreisfachberater für Gartenkultur und. Landespflege um Mithilfe gebeten. Er gab wertvolle Tipps und Hinweise, wie das Grundstück barrierefrei umgestaltet werden kann und welche Pflanzen geeignet sind. Außerdem zeichnete er einen Plan, der in den nächsten Wochen und Monaten die wichtigste Arbeitsgrundlage war.
Die Planung wurde im Kirchenvorstand vorgestellt. Nun lag etwas Greifbares vor und der Kirchenvorstand erteilte nach kontroverser Diskussion seine Zustimmung. Die Bibelgarteninitiative konnte sich im Frühjahr 2015 endlich in das Abenteuer stürzen.
Konzept
Im Sondheimer Bibelgarten soll das Wort Gottes sichtbar und erlebbar werden. Dazu wird die Darstellung von biblischen Szenen in einen Garten eingebettet. „Dann sprach Gott: Hiermit übergebe ich euch alle Pflanzen auf der ganzen Erde, die Samen tragen, und alle Bäume mit samenhaltigen Früchten.“ (Genesis 1, 29). Unter dieses Motto haben wir die gärtnerische Gestaltung gestellt. Im Garten wachsen daher nicht nur Pflanzen, die in der Bibel erwähnt sind, sondern auch solche, deren Namen einen Bezug zur Bibel haben oder die einfach nur schön sind und den Betrachter erfreuen oder als Kirchenschmuck verwendet werden können. Man findet aber auch Symbolpflanzen. Für die einzelnen Gruppen können folgende Beispiele genannt werden:
In der Bibel erwähnt: • Ginster: 1. Könige 19,4 • Disteln (Kugeldistel, Mannstreu, Mariendistel): Genesis 3, 18 • Lilien: Hosea 14, 5-7 |
Bezug zur Bibel: • Jakobsleiter (auch Himmelsleiter genannt) • Himmelsschlüssel (Schlüsselblumen) • Pfingstrose |
Symbolpflanzen: • Buchsbaum • Efeu • Königskerze |
Blumenschmuck: • Sonnenbraut • Riesenalant • Sonnenauge |
Der Garten soll zum Schauen einladen, zum Anschauen der Szenen und Pflanzen, zur Betrachtung und zur Besinnung. Er soll aber auch auf die Bibel neugierig machen und dazu anregen Bibelstellen nachzulesen. Der Besucher findet auf Tafeln verschiedene Bibelstellen aus dem Alten und Neuen Testament.
Umsetzung
Zunächst wurde das Grundstück geräumt. Der ursprüngliche Gedanke, die vorhandenen Bäume zu erhalten, wurde verworfen. Damit das Grundstück durch einen Fußweg barrierefrei erschlossen werden konnte, mussten mit einem Bagger umfangreiche Erdarbeiten durchgeführt werden. Der Bogen über dem Eingang bröckelte und musste neu gemauert werden.
Um die Höhenunterschiede auszugleichen, wurde die Hangseite mit Steinquadern abgestützt.. Die benachbarte Scheunenwand wurde verkleidet und die Mauer verputzt, die Beete mit Natursteinen eingefasst und Zuwege zu den einzelnen Stationen angelegt.
Diesen ersten Bauabschnitt stemmte die „Renterband“. Unermüdlich bewegten die Männer wochenlang Massen aus Erde, Schotter und Stein und gestalteten das komplette Grundstück neu.
Mit handwerklichem Können und viel Liebe zum Detail wurden der Berg Sinai, der Hügel Golgatha und die Grabstätte errichtet. Dazu wurden auch Steine in der Flur rund um Sondheim v.d.Rhön gesammelt und verarbeitet. Damit die verschiedenen Kräuter gut in Szene gesetzt werden können, wurde außerdem eine Kräuterspirale gebaut.
Schwierig gestaltete sich zunächst die Visualisierung des letzten Abendmahls. Passend zum Gesamtkonzept war der Wunsch einer figürlichen Darstellung. Aber keiner der Beteiligten traute sich die Umsetzung zu. So wurde der Bildhauer Dietmar Balling hinzugezogen. Sein ehrgeiziges Ziel, die Mitarbeiter der Bibelgarteninitiative anzuleiten, selbst die Abendmahlsgruppe zu gestalten, gelang ihm tatsächlich in nur einem Workshop. Bei einem Treffen im Gemeindehaus erhielten wir einen Crashkurs in Sachen Kunst. Und noch am gleichen Abend fertigten wir Schablonen von unseren eigenen Profilen, die später auf Holz übertragen wurden.
So entstand eine Abendmahlsgruppe, die nicht nur eigenhändig erstellt ist, sondern gleichzeitig örtliche Mitwirkende darstellt. Damit wurde sie zu einem Unikat, das die einheimischen Besucher zu allerlei Spekulationen anregt, welche Figur welchen Mitbürger darstellt. Die genaue Kenntnis haben aber nur die mitwirkenden Künstler.
Nachdem die Durchführung des Projektes so viel Spaß gemacht hat, wurde auch gleich ein Engel gefertigt, der nun die Geburt Christi verkündet. Dem Engel sind Dank eines örtlichen Hobby-Weidenflechters dann auch noch Flügel gewachsen.
Er steht nun neben der schönen Feuerschale, die zu besonderen Anlässen mit Holz befeuert wird.
Im November 2015 wurde das Grundgerüst der Pflanzung angelegt. Unter fachkundiger Anleitung von Kreisfachberater Georg Hansul pflanzten 17 Frauen und Männer sowie 2 Kinder Bäume, Sträucher, Stauden und Gräser. Es waren fast mehr Helfer da als Pflanzen, wie Herr Hansul scherzhaft feststellte.
Im Winter 2015/2016 ruhten zwar die Arbeiten im Garten, aber die Zeit wurde genutzt, um die Ausstattung des Bibelgartens vorzubereiten. Zunächst wurden die Gebotstafeln für den Berg Sinai aus alten Grabsteinen gefertigt.
Dann wurden die Kreuze für Golgatha hergestellt. Auch hier wurden ungeahnte Talente entdeckt. Die Kreuze aus Birkenholz wurden mit dem „Auge Gottes“ - einem sternförmigen Flechtwerk - verziert.
Außerdem entstand die Idee aus biblischen Pflanzen (Heiligenkraut und Lavendel) das Fisch-Symbol, das als christliches Erkennungszeichen bekannt ist, zu pflanzen. Um die Wirkung des Zeichens zu verstärken wurde ein Fischernetz geknüpft und an Holzpfosten aufgehängt. Auch für die alte Eingangstüre wurde eine neue Verwendung gefunden, denn sogar ein ganz alltäglicher Gegenstand wie die Tür hat Symbolkraft und ist Bestandteil spannender Erzählungen in der Bibel.
Im Frühjahr 2016 konnten dann die Pflanzarbeiten fortgeführt werden. Es kamen Pflanzenableger aus den eigenen Gärten zum Einsatz, es wurden aber auch zahlreiche Gartenkataloge durchstöbert und die ausgewählten Pflanzenraritäten bei einer heimischen Gärtnerei bestellt.
Um auch die Jüngsten in der Gemeinde einzubeziehen, wurde die Kräuterspirale gemeinsam mit den Kindergartenkindern bepflanzt. Die Mitarbeiter des Kindergartens haben auch die Beschriftung der einzelnen Kräuter übernommen. An der Kräuterspirale können sich die Kinder künftig bedienen, wenn sie ihr gemeinsames Mittagessen mit Kräutern verfeinern oder sich leckere Tees und Limonaden zubereiten wollen.
Die Tafeln mit den Bibelzitaten zu den einzelnen Stationen wurden maschinell gefertigt und beschriftet. Für die Hinweistafeln zu den Pflanzen wurde Schiefer verwendet, mit denen üblicherweise Kirchtürme eingedeckt werden. Diese wurden in Handarbeit beschrieben.
Fazit
Wir sind stolz auf das, was wir gemeinsam geschaffen haben und dankbar dafür, wie gut es gelungen ist! Die Aktion hat den Gemeinschaftssinn in unserer Gemeinde und über die Gemeindegrenzen hinaus geweckt und gestärkt. Auch ehemalige Bürger oder Familien, die früher einen Bezug zu unserer Gemeinde hatten, haben sich in den Bibelgarten eingebracht. Der Bibelgarten ist zwar ein Projekt der evangelischen Kirchengemeinde, die Mitarbeiter und Unterstützer fanden sich aber konfessionsübergreifend. Gleichzeitig wurde es ein Generationenprojekt, an dem Alt und Jung mitarbeitet und Interesse zeigt. Die Spendenfreudigkeit war und ist enorm. Nicht nur Sach- sondern auch Geldspenden wurden gegeben, egal ob zu freudigen oder auch traurigen Anlässen.
Insbesondere die Frauen zeigen sich sehr kreativ bei der Akquirierung von Einnahmequellen. Aus Kräutern, Blüten und Früchten werden Kräutersalz, Kräutertee, Sirup, Marmeladen und andere Leckereien gezaubert und im Advent Plätzen gebacken. Alle Produkte finden schnell Abnehmer.
Aber auch die Aufmerksamkeit, die der Bibelgarten in der Öffentlichkeit erzeugt, ist erstaunlich. Bereits während der Bauphase kamen zahlreiche Besucher, um den Fortschritt der Arbeiten mit zu verfolgen. Erste Anmeldungen für Führungen durch den fertigen Bibelgarten liegen bereits vor.
Sondheim a.d.Rhön im Mai 2016
Die Bibelgarteninitiative
Bildrechte der Fotos in dieser Dokumentation liegen bei Hilde Gensler, Gerhard Kupfer und Olaf Sippach.